Stellen Sie sich vor, Sie müssten das Set eines Films über ein Stadtviertel planen, das einen Gentrifizierungsprozess durchläuft: Welche Details würden Sie einbeziehen, um die vor sich gehenden Veränderungen zu erzählen? Viele würden vermutlich zeigen, wie die historischen Geschäfte und Lokale der Gegend von modischeren Boutiquen und Franchising-Geschäften, Burger-Restaurants, Gourmet-Pizzerien, exotischen Restaurants, Pubs mit Livemusik, kleinen Kunstgalerien, Bankfilialen usw. flankiert und schließlich ersetzt werden. Es würden „Zu vermieten“-Schilder an den Haustoren erscheinen, alte Gebäude würden aufwendig restauriert und neue aus dem Boden wachsen; dann würden die neuesten Fahrrad- und Automodelle die Straßen säumen.
Wir haben uns an den Anblick gentrifizierter Viertel in den westlichen Städten so sehr gewöhnt, dass die Palette an Details mittlerweile Teil unserer Vorstellungswelt geworden ist. Dasselbe lässt sich nicht über die damit verbundenen Merkmale der öffentlichen und privaten Beleuchtung sagen: Um in der Kinometapher zu bleiben, würden wohl viele Schwierigkeiten haben, dem Kameramann hier konkrete Anweisungen zu geben.
Stellen Sie sich vor, Sie müssten das Set eines Films über ein Stadtviertel planen, das einen Gentrifizierungsprozess durchläuft: Welche Details würden Sie einbeziehen, um die vor sich gehenden Veränderungen zu erzählen?
Um ein etwas klareres Bild zu erhalten, lassen wir Francesco Orofino, Generalsekretär von InArch, unser Spiel weiterdenken. „Anstatt der Illumination eines gentrifizierten Viertels eine starke Identität zuzuweisen“, sagt er, „würde ich Spontaneität und Vielfalt zeigen.“ Denn die Gentrifizierung folgt nicht immer demselben Schema. „Der Prozess kann von der öffentlichen Hand angeleitet und herbeigeführt werden“, fährt Orofino fort, „oder spontaner durch Operationen im Immobiliensektor entstehen. In diesem Fall würde ich, jedenfalls in der Anfangsphase, ein extrem ungeordnete, wenn auch intensive Beleuchtung wählen“, sowohl in Bezug auf die Gebäudesanierung als auch auf die neuen Gewerbe, die Fuß fassen.
Die öffentlichen Eingriffe in die städtische Beleuchtung decken dagegen einen größeren Bereich im Vergleich zum Spielraum der Privaten ab, und werden also einen einheitlicheren Effekt auf die Stadtlandschaft haben. Aber den lokalen Stadtverwaltungen geht es nicht vorrangig um den ästhetischen Faktor: Generell werden sie aus Gründen von Sicherheitsbedenken tätig, die die neuen Bewohner der gentrifizierten Viertel äußern.
Bürgertum, junge Freischaffende, Künstler und Kreative – um die typischerweise am stärksten vertretenen Gruppen zu nennen – haben häufig auch ein starkes Bewusstsein für den Umweltschutz gemein. Auch wenn sie keine gemeinsamen Lösungen zur Selbstregulierung suchen, so Orofino, lassen sie den öffentlichen Entscheidern doch „Aufforderungen zur qualitativen Verbesserung zukommen, die das Problem des Lichtsmogs, aber auch Nachhaltigkeit und Energieeinsparung betreffen.“
Um zu zeigen, dass die Gentrifizierung auch andere Wege gehen kann, illustriert Orofino zwei unterschiedliche Fälle.
Der erste ist Bolognino, ein Stadtteil mit ca. 35.000 Einwohnern nördlich von der Altstadt von Bologna. Das historische Arbeiterviertel litt in den 70er bis in die 90er Jahre, zeitgleich mit der Industrie- und Beschäftigungskrise, an Wegzug und Verfall. Zur Jahrtausendwende ließen sich hier immer mehr bürgerliche Bologneser, Studenten und Kreative nieder. Dieser Prozess, weiß Orofino, begann mit einer Sanierung des Baubestands durch private Investoren, was zu einer Aufwertung der öffentlichen Beleuchtung und der Gewerbelage führte; 2016 investierte die Stadt Bologna beträchtliche Mittel in die vollständige Erneuerung der öffentlichen Beleuchtung, auch durch die Einführung von LED-Lichtquellen, lieferte und damit einen entscheidenden Beitrag zur ästhetischen Gestaltung einer bereits stark vorangeschrittenen Regenerierung.
Vogelperspektive von Bolognina, ein Stadtteil im Norden Bolognas
„Ein ganz anderes Beispiel würde ich für meine Stadt Rom in Bezug auf das Viertel Pigneto anführen, fährt Orofino fort. Das Pigneto hat sich stark gentrifiziert, Clubs, neue Lokale und Geschäfte haben sich engmaschig ausgebreitet, „was auch einen sehr sichtbaren Effekt auf die Straßenbeleuchtung nach sich gezogen hat.“ Aber in Rom „gab es bisher keine Eingriffe der öffentlichen Hand, um die öffentliche Beleuchtung des Stadtteils einzuprägen. Das erzeugt Konfliktstoff und Beschwerden“, fügt Orofino hinzu, „denn wer in diesen Stadtteil gezogen ist, der immer bürgerlicher wird, hat konkrete Ansprüche nach mehr Sicherheit und mehr öffentlicher Beleuchtung.“
Der Stadtteil Pigneto in Rom an einem Sommerabend
Wenn öffentliche Eingriffe verspätet durchgeführt werden, hat das nicht nur negative Auswirkungen, sondern trägt auch zur Besonderheit der „soften“ Gentrifizierung in Italien bei. Unter Bezugnahme auf das Buch
Gentrification (il Mulino, 2015) des Soziologen Giovanni Semi, führt Orofino aus, dass “die Gentrifizierungsprozesse in Italien nie zur völligen Vertreibung der vorherigen Bewohner und zum gänzlichen Bevölkerungsaustausch führen. Es wird immer ein Mix in der sozialen Zusammensetzung beibehalten.“ Dagegen ist das Phänomen dort plötzlicher und radikaler, wo die öffentliche Hand von Anfang leitet. Solche Gentrifizierungsprozesse haben auch härtere Auswirkungen für die ursprünglichen Bewohner, die Platz für neue machen müssen.