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Lighthinking

Das Büroleben befindet sich in einer wichtigen Übergangsphase

Interview mit Ellen Kathrine Hansen, Leiterin des Forschungsprojekts Double Dynamic Lighting

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Published: 22 Dez 2020
„Wir werden nie in der Lage sein, das Naturlicht nachzubilden, aber wir können einige Merkmale des Tageslichts herauslösen und versuchen, sie in Planungsvorgaben zu überführen“, sagt Ellen Kathrine Hansen, Leiterin des Masterstudiengangs Lighting Design an der Aalborg University von Kopenhagen und Verantwortliche für das Forschungsprojekt Double Dynamic Lighting zur Beleuchtung von Arbeitsplätzen. “In unserem Projekt lassen wir uns von der Schönheit und Funktionsweise des Naturlichts inspirieren und versuchen, das Bedürfnis der Menschen, sich eins mit der Natur zu fühlen, zu stillen”.
 
Das Büroleben befindet sich in einer wichtigen Übergangsphase

Ellen Kathrine Hansen, Leiterin des Masterstudiengangs Lighting Design an der
Aalborg University von Kopenhagen und Verantwortliche für das Forschungsprojekt
Double Dynamic Lighting zur Beleuchtung von Arbeitsplätzen.

Es gibt ein Wort, das dieses Bedürfnis beschreibt: “Biophilie” (aus dem Griechischen βίος, Leben, und ϕιλία, Freundschaft). Urheber des Begriffs war der Philosoph und Psychoanalytiker Erich Fromm, später wurde er vom Biologen Edward O. Wilson wiederaufgenommen und in unsere Sphäre übertragen. Dieses Band des Menschen mit der Umwelt wird oft, mehr oder weniger willentlich, von Stadtplanung und vom Bauwesen ignoriert. Dagegen zielt das biophilic design im Ansatz auf eine Planung, die Kunst- und Natursphäre vereinen will, um zum Wohlbefinden der Menschen, die Räume bewohnen oder diese passieren, beizutragen. In Lighthinking haben wir des Öfteren die Auswirkungen von Lichtbedingungen auf circadiane Rhythmen und damit auf die Gesundheit behandelt: Double Dynamic Lighting hat in den letzten drei Jahren das Ziel, die Beleuchtung von Innen- und Außenflächen im Bereich des Arbeitsplatzes aufeinander „auszurichten“ im Rahmen von Experimenten in die Praxis überführt.

„Wenn wir vom Band mit der Natur im Hinblick auf das Licht sprechen, beziehen wir uns insbesondere auf den Himmel und seine Änderungen in Farbe und Beschaffenheit“, erläutert Hansen. Viele Studien zeigen, dass wir bestimmte Lichtdynamiken am Tag brauchen, und im Freien sind wir diesen Veränderungen laufend ausgesetzt.“ Am Arbeitsplatz dagegen, neigen wir dazu, die Folgen der Beleuchtung auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Motivation zu unterschätzen; gewöhnt an gleichförmig illuminierte Büros (Nicht dynamisch, mit gleichmäßiger Lichtstärke und Verteilung), setzen wir diese als alternativlos voraus und meinen vielleicht, dass die Hinterleuchtung unserer Computerbildschirme weitere Lichtquellen überflüssig macht. Im Gegenteil ist es uns aber ein physiologisches Bedürfnis, uns als Teil der natürlichen Umgebung und des Tageszyklus zu fühlen.
Am Arbeitsplatz dagegen, neigen wir dazu, die Folgen der Beleuchtung auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Motivation zu unterschätzen;

Forschungsprojekt Double Dynamic Lighting

„Wir können das Himmelsgeschehen verfolgen“, sagt Hansen in Bezug auf das Double Dynamic Lighting, „und im abgeschlossenen Raum eine Umgebungsbeleuchtung realisieren, die den Tagesrhythmus widerspiegelt. Gleichzeitig schwebt uns ein direktes Licht auf den Arbeitsort eines jeden Büroangestellten vor. Dieses direkte Licht sollte personalisierbar sein, so dass jeder es nach seinen Bedürfnissen, seiner Stimmung oder den zu bewältigenden Aufgaben regeln kann.“

Aber ein Lighting Design-Projekt kann nicht alle Erfordernisse abdecken, und auch ein Computer kann nicht für jeden Breitengrad und jedes Gebäude die Außenumgebung analysieren, um die Lichtbedingungen im Inneren anzupassen. Es gibt zu viele mögliche Einsatzbereiche, um die ideale Lösung für alle zu finden. Angesichts dieser Komplexität sollte das Problem in der Praxis angegangen werden, etwa durch die Untersuchung der Auswirkungen der Atmosphäre auf die Menschen, die sie wahrnehmen; wie man sich leicht vorstellen kann, darf sich diese Studie nicht auf die Sammlung und Messung quantitativer Daten beschränken. „Die Forschung an Beleuchtungstechnologien“, so Hansen weiter, „ist in technischer Hinsicht sehr weit fortgeschritten: Wir sind sehr gut darin, Experimente im Labor durchzuführen, die Ursachen zu isolieren und einen Parameter nach dem anderen zu testen. Wichtig ist aber auch, gleichzeitig Forschungen zu den qualitativen Auswirkungen des Lichts durchzuführen und dabei auf wissenschaftliche Methodiken wie die Psychologie oder Anthropologie zurückzugreifen.“
 
Das Büroleben befindet sich in einer wichtigen Übergangsphase

Verschiedene Kombinationen von künstlichem und natürlichem Licht.

Als Befürworterin eines ganzeinheitlichen oder disziplinenübergreifenden Ansatzes zum Thema verhehlt Hansen die Schwierigkeiten einer Forschung nicht, die von der aktiven und eloquenten Mitarbeit der Teilnehmer abhängt: „Es ist sehr schwierig für die Menschen zu beschreiben, wie ein bestimmter Raum sie beeinflusst, wie er sie fühlen lässt. Um ihnen zu helfen, die wahrgenommene Atmosphäre zu beschreiben, reichen Multiple Choice-Fragebögen nicht aus. Wir haben daher eine Methode entwickelt, in der wir dreißig Wörter auf ebenso viele Zettel schreiben und die Teilnehmer dann bitten, drei für jedes Lichtszenario auszuwählen. So hatten wir bei den Interviews eine gute Ausgangsposition: Weshalb hast du die Atmosphäre als fröhlich oder langweilig oder krankenhausartig oder natürlich beschrieben? Ich habe selbst den Test gemacht und dabei gemerkt, dass ich auf neuartige Weise über Licht reden konnte.“

Der Ehrgeiz von Double Dynamic Lighting war es, neben Sehkomfort und wahrgenommener Atmosphäre auch die Motivation der Büroarbeiter zu beschreiben. Hansen gibt sich vorsichtig, da noch keine entscheidenden wissenschaftlichen Belege vorliegen, aber sie weist auf die Breite der Perspektiven und die Vielzahl der von den Teilnehmern erbrachten Informationen hin, die etwa durch folgende Fragen bezogen wurden: „Hast du Lust, nun länger zu arbeiten? Fühlst du dich wacher? Nimmst du mehr Krankheitstage als sonst? Wie schläfst du?“

Denn potenziell steht mehr auf dem Spiel, als nur die Möglichkeit, dass die Menschen etwas weniger müde von der Arbeit kommen: „Wir befinden uns mitten in einer wichtigen Übergangsphase; es geht nicht nur einfach darum, was man macht, denn das Gros der Arbeit wird bereits vor hinterleuchteten Bildschirm getätigt. Die Zukunft des Arbeitsortes liegt darin, zusammen zu sein, kreativ zu sein. Diesen Weg werden jene Unternehmen sicherlich einschlagen müssen, denen es um das Wohlbefinden ihrer Angestellten wirklich ernst ist, um ihnen bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Wir zählen darauf, dass akademische Forschung und Unternehmen der Branche sich gegenseitig bei der Kommunikation mit Endnutzern und Kunden unterstützen. Wir müssen immer neue Forschungsmethoden entwickeln, denn auch wenn wir jedes Mal nur kleine Resultate erzielen, sind es doch wichtige Fortschritte für die Zukunft.“